Als meine Tochter knapp drei Jahre alt war, meinte sie, dass sie in meinem Bett besser schläft. Also stand sie kurz nach Mitternacht mit ihrer Decke bei mir und verkündete höflich: „Ich ziehe jetzt um.“ Macht ja nichts. Ich habe ein Doppelbett zur Verfügung, das sollte reichen für mich, eine Dreijährige und einen aus der Form geratenen Kater. Sollte man meinen. Aber spätestens nach einer schlaflosen Stunde war klar – man kann sich täuschen. Meine Tochter hat sich mittlerweile fünfmal gedreht, mir in Bauch und Schulter geboxt, um anschließend mit Schwung auf meiner Hüfte zu landen. Ein tiefer Seufzer, Ruhe. Mein Kater dagegen schnarchte mir ins linke Ohr. Beide lagen sie quer. Mir blieben 30 cm. Flach atmen ging. Zeit zum Nachdenken.
Wie viel Raum benötigen wir, um uns zu entfalten? In meiner Fantasie drehte ich Runden durch mein Zimmer, spazierte zum Kühlschrank, dann zur Balkontür, die ich öffnete, um ein wenig frische Nachtluft ins Wohnzimmer zu lassen; in der Realität verspürte ich plötzlich das ungekannte Bedürfnis, wild auf meinem Bett herum zu hüpfen, auszuprobieren, wie es sich andersherum schläft, einfach kreuz und quer. Ich fragte mich, wie viel Nähe eine Liebe erträgt. Wie oft schleichen wir uns vom anderen fort, versuchen in unserer Fantasie, Raum zu gewinnen oder manchmal auch Nähe herzustellen? Jede Liebe ist das Einpendeln zwischen Nähe und Distanz, zwischen Sein und Seinlassen, die Annäherung der Fantasie an die Realität und umgekehrt.
Ich beschloss, meine Tochter einfach wieder in ihr Bett zu tragen. Es gelang. Sie schlief weiter. Mir war, als würde sie grinsen. Dann wanderte ich zurück in mein Bett und schmiss auch die Katze raus. Eine weitere Stunde verging. Ich lag kreuz und quer, schlaflos. Mich packte die Sehnsucht und so schlich ich nach nebenan ins Kinderbett: Uns blieben 70 cm – plötzlich empfand ich das als sehr viel Raum …
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