Ein Honigtöpfchen für Gott

Meine Tochter lag gestern Abend im Bett, nachdenklich. 

„Mama, ich hab ein ganz komisches Gefühl. Wenn die Wolke jetzt eine Bärenform annimmt, bringt das Unglück, dann sind morgen alle Einhörner weg.“

Ich bin so erschrocken, dass mir kalt wurde. Und das, obwohl ich weiß, dass es gar keine Einhörner gibt. „Was meinst du?“

„Nur so ein Gefühl.“

Seit drei Wochen geht sie jetzt in die Schule und viele Gefühle und Eindrücke beschäftigen uns. Es hat oft mit Abschied zu tun, weil es für sie ungewohnt war, jeden Tag ein paar Stunden weg von mir zu sein, verbrachten wir doch die letzten sechs Jahre ohne Kindergarten komplett zusammen. 

„Was passiert nun mit der Bärenwolke?“, fragte ich.

„Pst. Ich muss mich konzentrieren.“

„Wieso?“, flüsterte ich.

„Ich denke an Hasen, ganz fest, dann wird aus der Wolke ein Hase, und die Einhörner sind gerettet.“

„O.k. Ich denke mit.“

Nach einer Weile: „So, geschafft.“

„Die Einhörner sind gerettet?“

Sie grinste mich breit an. „Ja, und zwar viel besser als mit Hasen. Ich habe ihnen gesagt, wenn es eine Bärenwolke wird, brauchen sie keine Angst zu haben. Sie sollen einfach immer ein Töpfchen Honig dabei haben, oder eine Melone oder so. Und dann Freundschaft schließen. So schlimm sind Bären nun auch wieder nicht. Jetzt sind die Einhörner nicht mehr in Gefahr.“

Bin ich froh … 

„Mama?“

„Ja?“

„Gibt es Einhörner überhaupt wirklich? Weil, weißt du, ich habe noch nie eins gesehen! Also nie wirklich, verstehst du?“

Peng, irgendwann musste diese Frage kommen. Ich zögerte. Wie immer dachte sie schneller als ich.

„Ach, nicht so wichtig. Ich muss dran glauben, nicht wahr? Ich allein entscheide, ob es sie gibt. Das ist irgendwie so wie mit Gott.“

 Oh ja, ich glaube, Herr oder Frau Gott werden uns in den nächsten Jahren auf Trab halten. 

Im Halbschlaf flüsterte sie noch: „Ich werde Gott auch den Tipp mit dem Honigtöpfchen geben, dann braucht der auch nie Angst haben.“

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