So kalt der See

Bodensee Krimi


Ein atmosphärisch dichter Kriminalroman . . . über ein grausames Geheimnis und eine immerwährende Schuld. Kommissarin Cora Merlin ist auf dem Weg in die Polizeidirektion Lindau, als die Fahrerin im Auto nebenan ihre Aufmerksamkeit erregt: Ihre Lippen formen das Wort »Hilfe«. Cora folgt dem Wagen und wird wenig später Zeugin einer Hinrichtung. Es beginnt die Jagd nach einem Täter, der einen verstörenden Plan verfolgt. Gnadenlos hetzt er Cora und ihr Team von einem Tatort zum nächsten – und immer unentrinnbarer in eine tödliche Falle.

Zitate aus „So kalt der See“

„Langsam, als hätte sie alle Zeit der Welt, gleitet Cora von dem Stuhl, hat das Gefühl, sich zu drehen, immer weiter, wie damals als Kind von dem Hügel im Garten hinter dem Haus. Sich drehen, immer weiter drehen, denkt sie noch, dann spürt sie nichts mehr.“

„Emmenbach hielt sich die Hände vor die Augen. Matthias hatte das Gefühl, in Eiswasser gefallen zu sein. Auf dem Stück Haut dort auf dem Tisch mitten im hell ausgeleuchteten Raum der Pathologie war etwas eingeritzt …“

„Jetzt würde er ein letztes Mal die Erde berühren, bevor er flog, ein letztes Mal seine Hände berühren, sein Gesicht, seine Ohren, die immer kitzelten, wenn er nervös war, sich ein letztes Mal durch die Haare fahren, die seine Mutter immer zu lang fand, ein letztes Mal grinsen, die Lippen schon zittrig, ein letztes Mal tief Luft holen …

Eins …

Ich komme!“

„Alles drehte sich in ihm, alles, das Innen nach Außen, das Außen nach innen, das Oben nach Unten und das Unten nach Oben. Am schlimmsten aber war, dass die Sonne schwarz wurde und nach Brausestäbchen schmeckte.“

„Die Zeit ist eine Dauerschleife, hübsch gebunden zur Belustigung der Toten, die haben es hinter sich.“

„Schmerzlich erinnerte sie dieser Blick auch an eine andere Frau, eine tote Frau. Auch dieses Bild gehörte zu jenen unauslöschlichen in ihrem Kopf. Rote Blitze gesellten sich zu diesen Erinnerungen, rot, voller Schmerz und Blut und Abschied, rote Blitze, die brannten wie Feuer, so lange der Schmerz als Gefühl überwog. Wenn dann irgendwann nur noch die Trauer war, dann fielen rote Kugel aus einem unsichtbaren Himmel herab, dumpf trafen sie immer ein und dieselbe Stelle auf ihrer Schädeldecke, wie Regentropfen, wie viel zu schwere Regentropfen. Manchmal stellte sich Cora vor, die Tropfen zerplatzen dort auf ihrem Kopf und färbten ihre Haare rot.“

„Er stellte sich vor, wie das alles aussah, er und Katharina in dem grünen Golf am Schleinsee nahe dem Betznauer Bach. Von hier mündete der See in die Argen. Von oben sahen sie gewiss aus wie ein grüner Punkt, leuchtender als die Pflanzen der Umgebung. Schön, der Schnee überall. Er wusste, dass der See oft eisbedeckt war im Winter. Glücklicherweise jetzt noch nicht, aber das konnte noch kommen. Böses muss Böses vergelten – und wird doch nie zu etwas Gutem.“

„Hier standen sie also mit all den Gedanken im Kopf und sahen ihm beim Sterben zu.“

„Sie dachte an den Duft der Sommerwiese, an das Eis, das sie an diesem Tag noch gegessen hatte, den Weißwein am Abend an der Spitze der Lindauer Insel mit Blick auf den Löwen. Der Sommer war von solch einer überwältigenden Schönheit am See, dass man ihn kaum in Worte fassen kann, lediglich in Bilder, die immer am Rand zum Kitsch sind und doch im innersten berühren. Sie seufzte und stellte sich vor, sich auszuziehen und schwimmen zu gehen. Alles ist hell in ihren Träumen, hell und warm und das Wasser weich und überall lachen die Kinder und freuen sich die Möwen über weggeworfene Waffelreste.

Während sie all dies träumte half sie einem Mörder, einen Sack zu tragen, in dem ein Mensch noch immer atmete …“

„Die Hängebrücke wirkte im Licht der Taschenlampe noch beeindruckender. Das letzte Mal, als sie hier gewesen war, war es Sommer. Sie erinnerte sich an das Vogelgezwitscher in der Luft über ihren Köpfen an das satte Grün der Bäume und Wiesen rund um die Argen, an die mächtigen Brückenpfeiler mit den Aufschriften, an die Kutsche, die Touristen zur drittältesten Hängebrücke Deutschlands brachte. Schöne Haflinger hatten die Kutsche gezogen und dann ruhig gewartet und Wasser getrunken aus den vom Kutscher bereit gestellten Eimern. Als sie wieder aufbrachen, war bereits die nächste Kutsche, dieses Mal gezogen von zwei schweren Friesen, angekommen.“

„Jetzt im Winter und im faden Licht des Mondes und der Taschenlampe wirkte die Hängebrücke über die Argen wie ein Mahnmal. Etwas, das nicht passieren durfte und doch passierte. Eine Brücke über eine Grenze, die der Mensch nicht übertreten durfte, die sie aber längst schon übertreten hatte.“

„Sie richtete die Waffe nach oben und schoss. Unmittelbar nach diesem Knall war es ruhig, totenstill. Dann wie aus dem Nichts hörte sie ein zischendes Geräusch in der Luft. Anschließend traf sie ein Hieb von der Schulter über den Rücken, der ihr kurz die Luft nahm. Etwas polterte zu Boden. Die Waffe, durchfuhr es Cora, meine ungesicherte Waffe …

Das letzte, das sie hörte, war der Schuss.“


Pressestimmen

Rasant, hochspannend und komplex!
»So kalt der See« beginnt mit einem Paukenschlag, als Hauptkommissarin Cora Merlin mitten in Lindau Zeuge einer Hinrichtung wird und gleichzeitig Hinweise auf eine Kindesentführung erhält. Der sehr spannende Plot voller Wendungen und unerwarteter Verbindungen, die nur nach und nach offengelegt werden, reißt den Leser von der ersten Seite an mit. Merlin ist eine außergewöhnliche Protagonistin, denn sie ist Synästhetikerin und empfindet ihre Gefühle in Farben, Formen oder Gerüchen, was dem Plot eine poetische Note verleiht. Die ehrgeizige Kommissarin hat psychisch noch nicht mit ihrem letzten Fall abgeschlossen und vergräbt sich daher verbissen in ihrem neuen Fall, um sich nicht mit der Vergangenheit auseinandersetzen zu müssen. Auf ihren Kollegen Christian Fischl kann sie sich derzeit nicht verlassen, denn auch er kämpft mit seinen Dämonen, lässt sich zunehmend gehen und gefährdet mit Alleingängen die gesamte Ermittlung. Tina Schlegel schreibt nicht nur äußerst nervenaufreibend und spannend, sie vermag vor allemZwischenmenschliches eindringlich zu ergründen und darzustellen. Die Hintergründe zu den verübten Taten verortet sie in Themen wie Glaube, Schuld und Vergebung – außerdem rückt sie ein heikles Thema in den Mittelpunkt der Geschichte: den Umgang mit psychisch Kranken und deren Selbstbestimmung innerhalb psychiatrischer Einrichtungen. Ein intelligenter Pageturner, den man nicht mehr zur Seite legen kann.

Emons Verlag


Gespenster der Vergangenheit

Zuerst denkt Cora an eine Art Halluzination, als sie sieht, dass die Fahrerin im Auto neben ihr stumm das Worte „Hilfe“ formt. Aber ihr Bauchgefühl sagt, dass an der ganze Sache etwas dran sein muss und so heftet sich Cora kurzerhand an die Fersen des Wagens. Sie ahnt nicht, dass sie schon wenig später Augenzeugin einer regelrechten Hinrichtung wird und die Tat erst der Beginn einer Serie von grausamen Ereignissen ist….

Es gibt Krimis und es gibt echte Nervenzerrer, die die Leser:innen wie in einem Schraubstock gefangen halten. Und genauso ein Nervenzerrer ist „So kalt der See“ von Tina Schlegel, denn hier greift die kalte Hand der Angst nach den Leser:innen und zieht sie direkt in das Geschehen mit hinein.

Die Autorin hat einen raffinierten Plot gestrickt, der die Gespenster der Vergangenheit heraufbeschwört und immer wieder das Abzählmuster des Versteckspiels „drei, zwei, eins…ich komme!“ hören lässt. Dieser Satz bringt Tod und Verderben und Cora muss zunächst ziemlich rat- & hilflos dabei zusehen, wie ein Unbekannter sein Unwesen treibt und unschuldige Menschen ins Unglück stürzt.

Die Ermittlungen führen zu einem pensionierten Pfarrer und einer Psychologin, die beide auf den ersten Blick nur das Wohl ihrer Mitmenschen im Sinn haben. Doch Cora lässt sich nicht blenden und deckt ein Geheimnis auf, das Abgründe freilegt.

Die winterliche Stimmung rund um den Bodensee täuscht beschauliche Ruhe und Harmonie vor, doch unter der weißen Pracht liegt raffinierter Thrill und subtile Boshaftigkeit verborgen. Die Szenen sind verstörend, provokativ und zu jeder Zeit mit absoluter Spannung versehen, sodass es hier schwer fällt, das Buch überhaupt zur Seite zu legen.

Tina Schlegel lässt die Leser:innen präzise beobachten, damit die Aufarbeitung von immerwährender Schuld, Kindheitstrauma und dem Bezug zu den betroffenen Personen hergestellt werden kann. Das sorgt dafür, dass nicht nur die Spannungsschraube immer weiter gedreht wird, sondern auch die Nerven zum Zerreißen gespannt werden, denn hier hält es die Leser:innen nicht mehr auf dem Stuhl vor Anspannung.

Bis zur Lösung des Falles gibt die Handlung tiefe Einblicke in die menschliche Psyche frei, bereitet Ängsten und Hoffnungsschimmern eine Plattform und verwandelt den Wettlauf gegen die Zeit in ein reales Erlebnis.

Der zweite Fall von Cora Merlin überzeugt vom ersten Buchstaben an mit vielschichtigen Charakteren, einer extrem spannenden Handlung und ist für mich schon jetzt ein Highlight im noch jungen Krimi-Jahr 2022 !!

katikatharinenhof auf lovelybooks